Zum 220. Geburtstag von Ludwig Storch

Ruhla Seid gegrüßt mir, vaterländ’sche Berge,
abermals soll ich euch wiederseh’n,
drüben sind die wahrlich doch nur Zwerge,
gegen euch, ihr stolzen Eichenhöhn.
Doch wie find ich euch? – Der strenge Winter
deckt mit kaltem Schmuck noch euer Haupt,
statt des Frühlings erstgeborner Kinder,
traurig steht ihr Eichen unbelaubt.

Knospen treibend wähnt‘ ich euch zu finden,
auf den Bergen Lust und Sonnenschein,
Veilchenkränze wollt‘ ich fröhlich winden,
ach, nun hüllt euch Schneegestöber ein.
Eichenknospen wollt‘ ich um mich schlingen,
wollte jauchzen in den Buchenwald,
Winterschauer fühl‘ ich mich durchdringen,
denn die Bergesluft weht eisig kalt.

Und du, trautes Tal, das mich geboren,
das des Knaben erste Träume sah,
deine Freuden haben sich verloren,
du liegst traurig wie die Berge da.
Laute Lust, ach, ist aus dir gewichen,
deine Kinder kennen Klagen nur,
lang ist die Zeit des Frohsinns schon verstrichen,
und du trauerst auch wie die Natur.

Was des Fröners Fleiß mit Müh‘ erworben,
frisst des Zwingherrn nie gestillte Gier,
und Gefühl des Mitleids ist erstorben,
nur Gewinn und Habsucht herrschen hier.
Ihr ertragt die kleinlichen Tyrannen,
Brüder, leg ins Joch euch selbsten ein? –
Wieder zieh mit Tränen ich von dannen,
doch ihr seid nicht wert beweint zu sein!

Diese Zeilen entstanden, als der 17-jährige Gothaer Gymnasiast Ludwig Storch seinen Heimatort Ruhla besuchte. Schon damals verstand der Poet gesellschaftspolitische Missstände in seinen Werken trefflich zu verarbeiten, womit er sich allerdings auch in späteren Jahren keine Empathie bei der Obrigkeit verschaffte.

Unsere Heimatgrüße zu Thema Ludwig Storch finden Sie in voller Länge, auf vier Seiten in der Ruhlaer Zeitung Nr. 15/2023.

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